Veröffentlicht in Kleine Hunde ganz groß

Kleine Hunde ganz groß, Teil 39: Kinder, Kinder und kein Ende

Lilly und LunkaHallo, liebe Hundekumpels und Hundemenschen!

Wisst ihr eigentlich, wie anstrengend so ein Hundeleben sein kann? Viele von euch haben ja neben dem Hauptberuf, auf die eigenen Menschen aufzupassen und zu schauen, dass im heimischen Rudel alles flutscht, noch einen Nebenjob. Beispielsweise hüten manche irgendwelche anderen Tiere oder gehen auch noch zu Besuch zu anderen Menschen, so wie wir. Die stressigste Woche des Jahres haben wir jetzt wieder hinter uns: Schullandheim!

Gut, jetzt waren wir ja schon zum zweiten Mal in dieser Jugendherberge, und wenn sich unser Mensch nicht so glorreich verfahren hätte, hätten wir auch noch so richtig schön viel Zeit gehabt, uns zu „akklimatisieren“, wie unser Mensch immer so hochtrabend sagt. Also, uns einzugewöhnen eben. So kamen wir erst kurz vor den ganzen Kindern an, was aber auch in Ordnung war, denn wir kannten uns ja schon richtig gut aus. Natürlich musste ich gleich meine Pipistellen wieder auffrischen, und nach einem ganzen Jahr ist da ordentlich was zu tun.

Die Kinder waren anfangs glücklicherweise beschäftigt mit Zimmereinräumen und Bettenbeziehen. Nachdem nur zwei erwachsene Menschenweibchen und sonst nur Männchen dabei waren, war die Anzahl an „Muttis“ überschaubar, und unser Mensch musste wohl in fast jedem Zimmer erklären, wie mensch die Betten bezieht. Uns persönlich ist das herzlich gleich, wir genießen schließlich den vollen Service. Unser Hundezelt stand natürlich als erstes, und wir konnten die ganze Aufregung mit Humor beobachten. Auch bei der Nahrungsaufnahme hatten wir schon Routine. Unser Mensch hatte es recht schnell aufgegeben, auf reines Trockenfutter zu bestehen, und so klaute sie (mehr oder weniger unauffällig) von Anfang an ein paar Nudeln oder Kartoffeln vom Buffet, um unser recht fades Nahrungsangebot aufzubessern. Geht doch. Wie meine Schwester Lunka immer zu sagen pflegt, eine gründliche Menschenerziehung von Anfang an zahlt sich eben immer aus. Auch ausreichend Käsekekse waren wieder mit dabei, sodass wir kulinarisch wirklich nicht viel meckern konnten.

Nur das Unterhaltungsprogramm war etwas zwiegespalten. Dieses Mal durften wir bei den Aktivitäten der Kinder nicht mitmachen, und auch nach dem Steinzeitvogi (s. Kapitel 33) wurde gar nicht erst gesucht. Daher war uns und unseren Menschen tagsüber immer etwas fad, denn wir durften nur zusehen. „Workshops“ nannte sich das. Aber schnell fielen uns Alternativen ein. Unser Mensch fotografierte die Kinder, und wir suchten uns adäquate Beschäftigungen. Meistens war dazu ein ansehnlicher Aussichtspunkt vonnöten, denn natürlich behalte ich auch im Außengelände immer meine Kinder im Auge, ist ja klar. Und ich muss mich nicht verstecken, denn ich habe jeden einzelnen Eindringling pflichtbewusst gemeldet. Gut, manchmal war das dann auch eins von unseren Kindern, wenn die gar zu flott durch die Gegend gewuselt sind, möglichst noch mit einem Stock in der Hand. Aber hund kann sich schließlich auch mal täuschen. Meine Schwester Lunka behauptet ja, sie täuscht sich nie, aber die kann ja viel behaupten, schließlich fällt der Wachdienst fast ausschließlich in meinen Aufgabenbereich!

Unser Mensch bemühte sich wirklich, uns alternativ zu bespaßen. Einmal hat sie mitten im Wald angefangen, die Steine umzudrehen, und hat so getan, als wären da lauter Mausis drunter. Meine doofe, äh, ach so schlaue Schwester hat natürlich prompt mitgemacht und angefangen alle möglichen Steine umzudrehen, die dann auch recht hübsch den Hang runtergekullert sind. Ich habe aber den Hinweis sofort verstanden: Wir sollten Mäuse Lilly und Lunkasuchen gehen, und die wohnen irgendwo im Boden. Es wird ja immer behauptet, wir erwischen sowieso nie eine, aber irgendwann ist ja immer das erste Mal. Also habe ich einfach mal angefangen ein Loch zu buddeln. Ich weiß ja nicht, wie viele von euch das schon mal mitten im Wald versucht haben, aber ich kann euch sagen, das war echte Schwerstarbeit! Denn immer, wenn hund glaubt, jetzt geht was voran, kommt so eine blöde Wurzel daher! Nun gut, ich habe natürlich auch das Problem gelöst. Schließlich bin ich ein Raubtier und kann mich von so dämlichen Wurzeln nicht beeindrucken lassen. Das wäre dann doch etwas peinlich. Am Ende war es ein richtig schönes Loch, ich passte fast halb hinein und die gelangweilten Menschen fanden es auch recht unterhaltsam. Nur, naja, Mausi war auch da keins drin. Dafür war ich so richtig schön eingeferkelt. Das war auch lustig.

Abends hatten wir die ganzen Kinder aber dann endlich für uns. Vor und nach der Kinderabendfütterung durften wir nämlich mit denen spielen. Irgendwie ist uns dabei unser Mensch ganz aus dem Sinn geraten, denn wir hatten eben wirklich viel Spaß. Es war aber auch harte Arbeit, schließlich war ja nicht nur unsere Klasse mit dabei, sondern insgesamt vier fünfte Klassen, und bis wir da den ganzen Neulingen alles beigebracht hatten… Unser Mensch behauptet zwar steif und fest, es waren gar nicht alle Kinder bei uns, denn die meisten haben Tischtennis oder andere komische Spiele mit Bällen gespielt; es waren aber auf alle Fälle deutlich mehr, als wir im Rudel Pfoten haben. Ganz bestimmt. Als wir denen dann alle Tricks beigebracht hatten, versteckten sie noch manchmal unseren Keksbeutel. Den sollten wir dann suchen, aber wir sind doch nicht doof! Wir stellten uns einfach so richtig schön blöd, und dann sind die Kinder immer selber losgelaufen und haben uns den Beutel gebracht. Wie gesagt, gute Menschenerziehung zahlt sich aus, und zwar noch mehr, je jünger die Menschen sind. Da kapieren die alles noch viel schneller. Am Ende haben wir sie aber doch belohnt, und zwar mit Streicheleinheiten oder mit lustigen Spielen wie Wettrennen. Da muss dann immer einer am schnellsten sein. Natürlich sind wir mit Abstand die Schnellsten, aber manchmal haben wir die Kinder auch gewinnen lassen. Das heißt dann Motivation, sagt unser Mensch. Lustig war’s trotzdem.

Lästig hingegen war der eine Regentag. Also mussten alle die Regenjacken anziehen, wir auch. Das machte die Sache zwar erträglicher, aber bei Regen rauszugehen ist doch wirklich dumm. Es half alles nichts, und die Kinder freuten sich schon sehr auf den Tag, denn sie durften ein Floß bauen und darauf dann über den Fluss paddeln. Mir persönlich erschließt sich der Sinn des Ganzen zwar nicht so ganz, aber das macht ja nichts. Die Kinder hatten Spaß. Wir zwei behielten dabei die Enten im Blick. Die waren nämlich ganz schön frech! Und letztlich verpassten wir unserem Menschen den Rest. Wir waren zwar Lilly und Lunkaangeleint, doch unser Mensch hält uns manchmal doch für etwas braver, als wir sind, und als dann so eine Ente wirklich nah an uns vorbeipaddelte, hüpften wir fröhlich mitsamt Regenmänteln und fast unserem Menschen (es war ganz schön rutschig) ins Wasser. Und die Ente war weg. Gut, jetzt waren wir unter den Regenmänteln auch nass, aber das war es wert. Unser Mensch fluchte recht ansehnlich und zog uns wieder aus. Eingeschlammt ist doch immer noch mein Lieblingszustand.

Ein schön schlammiges Nuff an euch alle!

Lilly und Lunka

Autor:

Lunka und Lilly sind zwei kleine Mischlingshunde aus dem Tierheim Kezmarok am Fuße der Hohen Tatra in der nordöstlichen Slowakei. Sie kamen als einjährige Junghunde im Sommer 2008 nach Deutschland. Ihr Zustand war wie bei vielen Hunden aus dem Ausland nicht gut, obwohl es noch deutlich schlimmere Fälle gibt. Sie waren sehr mager und verängstigt. Gerade deshalb ist es immer wieder erstaunlich, wie sehr sich die beiden gemacht haben. Aus ihrem „ersten Leben“ weiß man nicht viel. Sie kamen wohl als Welpen noch an die Kette und fristeten so ihr erstes Lebensjahr. Als sie dann mit einem Jahr noch nicht furchteinflößend genug waren, wollte man sie wohl beseitigen. Genaues weiß man nicht, aber nachdem Plastiktüten und raschelnde Folien immer noch ein großes Problem sind, kann man sich wohl seinen Reim darauf machen. Allerdings werden Tüten, die möglicherweise Leckerlis enthalten, mittlerweile eher freudig begrüßt. Große Angst haben sie immer noch vor Männern mit Stöcken bzw. Angeln, vor sehr dominant auftretenden Menschen und Hunden sowie vor kleinen Kindern. Umso beachtlicher ist es, wie mutig sie schon geworden sind. Unseren kleinen Ausflug in die Welt der Schule haben sie sehr genossen; ebenso besuchen wir mittlerweile mit großer Begeisterung jeden zweiten Samstag ein Alten- und Pflegeheim für Demenzkranke. Es ist sehr anrührend zu beobachten, wie sehr sie auf die kranken Menschen eingehen. Interessanterweise lassen sie sich von diesen auch alles gefallen. Selbst wenn jemand etwas gröber ist, verzeihen sie das sofort und gehen auch sofort wieder zu demjenigen hin. Bei gesunden Menschen würden sie das nicht tun. Selbstverständlich gilt hier wie auch in allen anderen Bereichen, die wir uns nach und nach erobern: Sobald die beiden zeigen, dass sie sich unwohl fühlen, wird die möglicherweise stressbesetzte Situation unterbrochen. Auf diese Weise trauen sie sich nun immer mehr zu und so werden sie auch zu einem schönen Beispiel, was aus den ominösen „Tierschutzhunden aus dem Ausland“ alles werden kann. Das Tierheim Kezmarok ist in der sehr armen Region, in der es liegt, zumeist die einzige Chance für viele Hunde und Katzen. Selbstverständlich darf man sich dieses Asyl nicht vorstellen wie eines unserer deutschen Tierheime. Es gibt nicht auf dem ganzen Gelände Strom, und um eine Wasserleitung kämpfen wir seit Jahren. Seit letztem Sommer existiert immerhin ein Auslauf, denn bis dahin fristeten die Hunde den Großteil ihres Lebens im Zwinger. Es gibt keine nennenswerten Innenanlagen, d. h. wenn es im Winter bitterkalt wird (letzten Winter wochenlang um die -20 Grad!), wird das Überleben vor allem für kleinere und kurzhaarige Hunde schwierig. Die Katzen bewegen sich frei im Umland und kommen zum Füttern. Trotz dieser Zustände ist das Tierheim Kezmarok eine Lebensaufgabe für Idealisten, denn im Gegensatz zu den bekannten staatlichen Tierheimen wird dort immerhin kein Tier getötet, und die dortigen Mitarbeiter kümmern sich mit größtmöglicher Liebe und Zuwendung um die Tiere. Im Sommer 2011 wurde das Tierheim vom nahe gelegenen Gebirgsbach überschwemmt und zum großen Teil zerstört. Nur durch die beeindruckende Hilfe der dortigen Bevölkerung und den spontanen Einsatz deutscher Tierschutzvereine und durch viele Spenden aus Deutschland konnte es wieder aufgebaut werden. Die Tierhilfe Hohe Tatra Kezmarok e.V. ist ein sehr junger Verein, der sich der Unterstützung des Tierheims in Kezmarok verschrieben hat. Neben der Vermittlung von Hunden und Katzen ist ein Hauptziel, das Tierheim durch Spenden und tatkräftige Hilfe zu unterstützen. So wurde der Verein zu einer wichtigen Stütze für Tier und Mensch.

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