Veröffentlicht in Tiere

Häufigkeit von Infektionen mit Strongyliden auf Pferdebetrieben in Berlin und Brandenburg

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ESCCAP-Service: Studienzusammenfassung

Strongyliden sind häufige Parasiten des Pferdes, die zu weitreichenden Organschäden bis hin zu Todesfällen führen können. In einer aktuellen Studie wurde das Vorkommen dieser Parasiten bei Pferden in Berlin und Brandenburg mithilfe von Kotuntersuchungen, PCR und ELISA untersucht und verglichen. Ein besonderes Augenmerk galt dabei den Großen Strongyliden. Außerdem wurden Risikofaktoren für einen Befall identifiziert.

Große und kleine Strongyliden
Die häufigsten pathogenen Fadenwürmer (Nematoden) beim Pferd gehören zur Familie der Strongyliden, wobei zwischen kleinen sowie den erheblich pathogeneren großen Strongyliden unterschieden werden muss. Während durch Kotprobenuntersuchungen in jüngeren Studien bei jeweils einem großen Anteil der untersuchten Pferde kleine Strongyliden nachgewiesen wurden, ist die Zahl der so nachgewiesenen Infektionen mit großen Strongyliden in diesen Untersuchungen stets sehr niedrig gewesen. Noch bis in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts waren große Strongyliden auf weit über der Hälfte der Betriebe vorhanden und führten bei einer großen Zahl der Pferde zu Infektionen sowie schwerwiegenden klinischen Erscheinungen wie thrombotisch-embolischen Koliken. Vor allem durch regelmäßige Behandlungen mit Anthelminthika, die auch gegen die im Wirt eine Körperwanderung vollziehenden Larvenstadien wirksam sind, ist das Vorkommen der Großen Strongyliden in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Gleichzeitig haben sich bei den kleinen Strongyliden derweil jedoch Resistenzen gegen diese Medikamente entwickelt, insbesondere gegen Benzimidazole (z. B. Fenbendazol) und Pyrantel.

Untersuchungen zum Befall mit Strongyliden an Pferden in Berlin und Brandenburg
In einer aktuellen Studie wurden über einen Zeitraum von neun Monaten Kot, Blut und Speichelproben von 484 Pferden auf 48 Pferdebetrieben in Berlin und Brandenburg gesammelt. Durch koproskopische, ELISA- und PCR-Untersuchungen konnte der Strongyliden-Befall bestimmt und zwischen großen und kleinen Vertretern unterschieden werden. Außerdem verglichen die Forschenden die unterschiedlichen Methoden und entwickelten Modelle, um Risikofaktoren für eine Strongyliden-Infektion zu identifizieren.

Hohe Prävalenz von Strongyliden, aber nur seltener intestinaler Befall mit großen Strongyliden
Bei zwei Dritteln der untersuchten Pferde (66,7 %) wiesen die WissenschaftlerInnen anhand der Kotuntersuchungen einen Befall mit Strongyliden nach. Von den untersuchten Betrieben waren sogar fast alle (97,9 %) betroffen. Dagegen konnten sie lediglich bei vier Pferden (1,3 % der Proben mit nachweisbarer Nematoden-DNA) mithilfe der PCR-Untersuchung Strongylus vulgaris nachweisen. Bei zehn weiteren Pferden (3,2 % der entsprechenden Proben) fand sich Strongylus edendatus und somit auf insgesamt 12,5 % der untersuchten Bestände Infektionen mit großen Strongyliden. Strongylus equinus ließ sich hingegen bei keinem der untersuchten Pferde nachweisen.

Hohe Seroprävalenz für S. vulgaris im Vergleich zu den PCR-Ergebnissen
Durch eine Zusammenarbeit mit KollegInnen aus den USA konnten die Berliner WissenschaftlerInnen erstmals in deutschen Pferdebetrieben einen ELISA-basierten Antikörpernachweis zur Detektion von S. vulgaris-Infektionen anwenden. Dieser Test ist bisher sonst in Deutschland nicht verfügbar. Unter den konservativsten Annahmen der ForscherInnen (die zu weniger falsch positiven, aber mehr falsch negativen Fällen führen sollten), wurden 102 der 481 (21,2 %) mit ELISA untersuchten Blutproben positiv auf Antikörper gegen S. vulgaris getestet. Diese im Vergleich zum koproskopischen Nachweis sehr hohe Prävalenz entsprach einer Betriebsprävalenz von sogar 83,3 %.

Eine höhere Seroprävalenz im Vergleich zum direkten Nachweis großer Strongyliden (mittels PCR) fand sich bereits in jüngeren Untersuchungen dieser WissenschaftlerInnen bei Patienten der Pferdeklinik der FU Berlin. Diese Diskrepanz lässt sich zum einen damit erklären, dass es nach einer Infektion bis zu fünf Monate dauert, bis die Antikörperlevel wieder ihre Basiswerte
erreichen. Das heißt, die nachgewiesenen Antikörper belegen lediglich eine Immunreaktion, aber nicht notwendigerweise eine aktuelle Infektion. Zudem ist in diesem Fall besonders wichtig, dass sich durch die serologische Untersuchung auch Infektionen nachweisen lassen, bei denen die Larvenstadien der großen Strongyliden noch durch den Körper wandern und somit noch keine Wurmeier ausgeschieden werden. Dies ist bezüglich der großen Strongyliden besonders relevant, denn diese benötigen je nach Art zwischen mindestens sechs (S. vulgaris) und 11 Monate (S. edentatus) für die Körperwanderung und Entwicklung zu Eier ausscheidenden Würmern. Aufgrund der auf vielen Pferdebetrieben regelmäßig vorgenommenen Parasitenbehandlung erreichen die Larven daher häufig nicht die Geschlechtsreife, weshalb auch keine Eier ausgeschieden werden und somit Infektionen mittels Kotprobenuntersuchungen nicht nachweisbar sind.

Die hier nun erstmals für Deutschland anhand von Feldstudien erhobenen, unerwartet hohen Seroprävalenz-Daten für S. vulgaris sind ein sehr wichtiger Hinweis auf das offenbar immer noch weit verbreitete Vorkommen dieses hoch-pathogenen Parasiten. Insbesondere im Rahmen der sogenannten ‚selektiven Entwurmung‘, das heißt bei der Behandlung in Abhängigkeit von der jeweiligen Strongyliden-Eiausscheidung, ist es erforderlich zu wissen, ob große Strongyliden auf dem jeweiligen Bestand vorkommen oder nicht. Lediglich wenn dies nicht der Fall ist, sollte eine selektive Entwurmung auf dem Betrieb in Betracht kommen. Um dies abzuklären, sollten regelmäßig, das heißt mindestens einmal jährlich, entsprechende Kotprobenuntersuchungen (Larvenkultur oder PCR) durchgeführt werden.

Risikofaktoren für einen Befall mit Strongyliden
Die Studie konnte folgende Faktoren identifizieren, die zu einem höheren Risiko führten, Strongylideneier auszuscheiden:

  • Freier Weidezugang war mit einem höheren Risiko verbunden als limitierter oder kein Weidezugang. Die ForscherInnen gehen davon aus, dass der freie Weidezugang ein erhöhtes Risiko für einen Kontakt mit infektiösen Larven bedeutet.
  • Tiere, deren letzte Entwurmung schon längere Zeit zurück lag, hatten ein erhöhtes Risiko, Strongyliden-Eier auszuscheiden.
  • Pferde, die mit dem Benzimidazol Fenbendazol entwurmt wurden, hatten ein signifikant höheres Risiko, Strongyliden-Eier auszuscheiden als solche, die mit Moxidectin oder Ivermectin entwurmt wurden. Mit anderen untersuchten Anthelminthika (Pyrantel, Ivermectin+Praziquantel, Doramectin) behandelte Pferde hatten ebenfalls ein geringeres Risiko, Strongyliden-Eier auszuscheiden. Der Unterschied war jedoch nicht signifikant. Dies erklären die StudienautorInnen unter
    anderem mit dem bekanntermaßen bei kleinen Strongyliden weit verbreiteten Vorkommen von Resistenzen z. B. gegen Benzimidazole.
  • Jüngere Pferde hatten ein höheres Risiko für eine patente Strongyliden-Infektion als ältere Pferde. Die StudienautorInnen führen dies auf eine erworbene Immunkompetenz durch wiederholte Infektionen zurück.

Faktoren, die ein höheres Risiko für einen Nachweis von S. vulgaris-Antikörpern bedeuteten, waren:

  • freier Weidezugang
  • niedrigeres Alter
  • Die Praxis der selektiven Entwurmung bedeutete ein signifikant höheres Risiko als ein Entwurmungsschema mit vier Entwurmungen pro Jahr.

Fazit: Strongylidenbefall bei Pferden ist immer noch weit verbreitet. Neu und besorgniserregend ist allerdings die mittels serologischer Untersuchungen ermittelte sehr hohe Vorkommenshäufigkeit des großen Strongyliden S. vulgaris. Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit der Anwendung des Prinzips der ‚selektiven Entwurmung‘ von großer Relevanz. Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig eine regelmäßige parasitologische Untersuchung bzw. Entwurmung bei Pferden ist.

Konkrete Empfehlungen und Hinweise zu Entwurmungsstrategien und Hygienemaßnahmen finden TierärztInnen, Tiermedizinische Fachangestellte sowie PferdehalterInnen beispielsweise in der ESCCAP-Empfehlung Nr. 8 „Empfehlungen zur Behandlung und Kontrolle gastrointestinaler Parasiten bei Pferden und anderen Equiden“ sowie im ESCCAP-Pferdeflyer „Warum muss ich mein Pferd entwurmen?“ online auf www.esccap.de. Besuchen Sie uns auch auf Facebook und Twitter!

Hinweis: Diese Untersuchungen bzw. deren Veröffentlichung erfolgten unter Beteiligung von MitarbeiterInnen sowie mit finanzieller Unterstützung durch die Firma Virbac.

Literaturverzeichnis
Jürgenschellert, L. et al (2022): Occurrence of Strongylid Nematode Parasites on Horse Farms in Berlin and Brandenburg, Germany, With High Seroprevalence of Strongylus vulgaris Infection, Front. Vet. Sci. 9:892920. doi: 10.3389/fvets.2022.892920
Empfehlungen zur Behandlung und Kontrolle gastrointestinaler Parasiten bei Pferden und anderen Equiden Deutsche Adaption der ESCCAP-Empfehlung Nr. 8, August 2019, unter: https://www.esccap.de/v2/wp-content/uploads/2020/09/2-2022-Pferde-Empfehlung-8-1.pdf

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