Der Nova Scotia Duck Tolling Retriever ist der kleinste unter den sechs Retrieverrassen. Sein hübsches Äußeres und seine Verspieltheit lassen oft verkennen, dass er ein hoch spezialisierter Jagdgebrauchshund ist und nicht unbedingt für Ersthundebesitzer geeignet. Sein aufmerksames Wesen in Kombination mit viel Temperament und Talent machen den Toller zum perfekten Partner für engagierte Hundehalter, die einen Mitarbeiter für´s Leben suchen und entsprechend respektvoll mit ihm umgehen.
Wo der Nova Scotia Duck Tolling Retriever, kurz Toller, seinen Ursprung hat, ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Manche erzählen, die Rasse stamme von kleinen, fuchsähnlich aussehenden Indianerhunden ab. Andere wiederum sind sich sicher, dass in seinen Adern das Blut von Settern, Kooikerhondjes, Collies und Jagdspanieln fließt. Den ersten Teil seines Namens jedenfalls verdankt er Nova Scotia, der Halbinsel an der Ostküste Kanadas, wo zweifelsfrei die gezielte Zucht ihren Anfang nahm.
Der Toller wurde als eigenständige Rasse 1945 vom Canadian Kennel Club und 1981 von der F.C.I. anerkannt.
Die Rasse wurde ebenso wie alle anderen Retriever ursprünglich für die Jagd auf Wasservögel gezüchtet. Damit besitzt auch er alle entsprechenden Eigenschaften: Temperament, Teamfähigkeit, Arbeits- und Apportierfreude, Ausdauer, eine extrem gute Nase, Härte im Gelände (besonders gegenüber kaltem und rauem Gewässer) und den so retrievereigenen „Will to please“, also die Freude daran,
seinem Hundeführer zu gefallen und mit ihm zusammenzuarbeiten.
Zusätzlich zur Entenjagd werden Toller auch im Niederwildrevier geführt.
Es ist ihnen gleichgültig, ob sie Enten, Fasane, Kaninchen oder gar große Feldhasen apportieren dürfen – Hauptsache sie dürfen. Sie arbeiten hervorragend auf Schleppen und Schweiß.
Gut trainierte Hunde buschieren und stöbern begeistert und ausdauernd
nahe am Jäger ebenso wie in größerer Entfernung.
Im Vergleich zu den anderen Retrieverrassen jedoch hat der Toller noch ein weiteres Special „eingebaut“: Das Tolling, dem er den Mittelteil seines langen Namens verdankt. Hiermit ist nichts anderes als seine große Verspieltheit gemeint, die der Jäger in Ufernähe folgendermaßen nutzt: Er geht in Deckung und wirft seinem Hund von dort aus kleine Apportiergegenstände entlang des Wassers.
Der Toller bringt ihm diese begeistert und unermüdlich, die befederte Rute permanent in Aktion. So auffällig „herangewunken“ nähern sich währenddessen die neugierigen Enten, die der Hund zu ignorieren hat. Sind die Vögel in Schussweite, ruft der Jäger den Hund zu sich, tritt aus seiner Deckung hervor und „macht die Enten hoch“. Im Flug schießt er und schickt danach seinen Hund zum Apport. Das blitzschnelle Umschalten zwischen albernem Spiel in Ufernähe und konzentriertem Markieren der Fallstellen der Enten auf dem Wasser oder im Schilf sind ein großartiges Beispiel für die Vielseitigkeit der Rasse.
Der Toller ist ein quirliger, sehr intelligenter und vielseitiger Hund, der für sein Leben gerne lernt. Er geht dabei eine enge Bindung an seine Bezugsperson/en ein. Wer mit ihm arbeitet, der „kriegt“ ihn. Fremden gegenüber kann er zunächst zurückhaltend sein, muss es aber nicht. Wen er einmal in sein Herz geschlossen hat, den merkt er sich auch über Jahre der Trennung hinweg. Seiner Umwelt gegenüber ist er aufmerksam und wachsam, sollte sich aber keinesfalls schreckhaft zeigen. Eine gute Sozialisierung während der Welpenzeit ist hier besonders wichtig. Die beste Grundlage seiner Ausbildung und Erziehung ist wohlwollende Konsequenz, denn er testet gerne seine Grenzen aus und kann dabei sehr kreativ werden. Spiel ist die ideale Bestätigung. Zusätzliche Motivation braucht der Toller nicht, davon bringt er mehr als genügend von sich aus mit. Schon beim kleinsten Zeichen, dass „es“ jetzt passiert, verwandeln sich die meisten Hunde in eine Hochspannungsleitung. Die Trainingseinheiten sollten kurz gehalten werden, dafür aber gespickt mit umso mehr Abwechslung, Herausforderung und Spaß. Im Optimalfall sollte der Hundeführer dabei seinem Hund immer einen Schritt voraus sein und genau wissen, was er jetzt tut und warum. Das ist bei der enorm schnellen Auffassungsgabe des Tollers jedoch nicht immer einfach.
Einen Toller auszubilden erfordert von seinem Hundeführer neben einem sinnvollen Konzept demnach auch ein hohes Maß an Körperbeherrschung (denn die Hunde sind wahre Meister darin, uns Menschen zu lesen), Kreativität, Flexibilität und präzisem Timing. Druck oder gar Drill in jeder Form sind dem Toller zuwider. Er ist zu sensibel und zu schlau dafür und schaltet ab. Haben Herr und Hund einmal eine gemeinsame Sprache füreinander gefunden, ist es die wundervollste und beflügelndste Sache der Welt, einen Toller zu führen.
Das Apportieren und der Einsatz seiner Nase liegen ihm im Blut. Er ist auch für andere Aufgaben zu begeistern, doch sollte nie vergessen werden, welcher Geist durch seine Adern fließt. Er ist und bleibt ein hoch spezialisierter Jagdgebrauchshund. Wer die Anlagen seines Tollers übertragen möchte auf den Bereich, in dem er gerne mit ihm tätig werden will, sollte dies immer beherzigen. Dummyarbeit, Obedience, Dog Dance, Rettungshundearbeit, Agility,… – beinahe alles ist mit dieser Rasse möglich, wenn man beachtet wie…
Aufgrund seiner Intelligenz und Arbeitsfreude ist der Toller als reiner Familienbegleithund ohne Aufgabe unterfordert.
©Text Rassebeschreibung: Maike Böhm, Sinaida Sens